Vielleicht oder sogar sicher…
- … werden wir jetzt vor neue, noch nie dagewesene Herausforderungen gestellt und haben Angst, diesen nicht gewachsen zu sein. Aber vielleicht lernen wir dadurch über uns hinauszuwachsen (dies geschieht ja bekanntlich nie in der Komfortzone).
- … wird das Gesundheitssystem nun endgültig zusammenbrechen. Aber vielleicht wird es endlich vor dem längst drohenden Kollaps bewahrt, sodass künftig nicht mehr an falscher Stelle gespart wird (sehr zum Leidwesen der Pflegekräfte und der Patienten)
- … werden einige Berufsgruppen in diesen schweren Zeiten besonders gefordert, seien es die bereits erwähnten Pflegekräfte, die unsere Leben retten, oder jene im Handel, die unsere Lebensmittelversorgung weiterhin sicherstellen, um nur einige wenige hervorzuheben. Aber vielleicht werden genau diese von der Politik betitelten Helden künftig auch mehr geachtet als verachtet (Stichwort: Entlohnung, Arbeitszeiten). Und vielleicht erkennen sie selbst durch die ihnen gezeigte Wertschätzung dann auch ihren Wert in der Arbeitswelt.
- … wird es weiterhin Hamsterkäufe geben aus Angst, dass über kurz oder lang die Versorgung doch ausbleibt (Stichwort: Toilettenpapier). Aber vielleicht ist es für viele ein willkommener Sprung aus dem Hamsterrad des Lebens; unzählige berufliche und private (zum Teil uns selbst auferlegte) Verpflichtungen bleiben aus. Stillstand. Entschleunigung statt Beschleunigung.
- … werden bestimmte Güter womöglich knapp, weil der Import brachliegt, der Güterverkehr stillsteht, Frachtschiffe ausbleiben. Aber vielleicht lernen wir wieder regional und saisonal zu essen, unterstützen heimische Betriebe und kehren der Konsum- und Überflussgesellschaft endlich den Rücken.
- … werden wir künftig weniger reisen und auf unverschämt günstige Auslandsflüge verzichten müssen. Aber vielleicht treten wir gerne zurück und gönnen der Natur auch einmal einen Urlaub von uns und unserem ungedrosselten Drang, die ganze Welt in möglichst kurzer Zeit um wenig Geld zu erkunden. Und als Dank und Resultat des sinkenden CO2-Ausstoßes sichten wir langfristig bestimmt nicht nur vor Italiens Häfen wieder Delfine und Fische.
- … bleiben die sonst so belebten Straßen und Plätze leer und die Türen und Tore von Museen, Kinos, Freizeitanlagen geschlossen. Aber vielleicht öffnen wir unsere Augen wieder für das Wesentliche, entwickeln wieder ein Miteinander statt Gegeneinander, singen und tanzen auf unseren Balkonen, erfahren Begegnung statt Entfremdung, erleben Zusammenhalt und Nächstenliebe.
- … werden wir durch die Schließung der Schulen und Kindergärten als Eltern sehr gefordert und müssen einen Spagat zwischen Home Office und Kinderbetreuung machen. Aber vielleicht verbringen wir wieder bewusst mehr Zeit mit unseren Kindern, hören ihnen aktiv zu, sehen ihnen bei ihrer Entwicklung zu. (Ein Praxisbeispiel: unsere Kleine ist gestern Abend erstmals in Papas Armen eingeschlafen und das ganz ohne Mamas Hilfe; alle berufstätigen Jungpapas wissen, was das für ein Quantensprung und Vertrauensbeweis von unseren Kleinen ist).
- … entsteht durch Isolation vermehrt Frustration und Aggression, was einen Anstieg von häuslicher Gewalt und Trennungen zur Folge hat. Aber vielleicht freuen wir uns über die gewonnene gemeinsame Zeit, bauen wieder eine tiefere Bindung zueinander auf, leben wieder Miteinander statt Nebeneinander und sehen was der Partner alles leistet. (Beispielsweise erkennen Männer, wie fordernd und arbeitsintensiv der Alltag ihrer karenzierten Frauen ist.)
- … fühlen wir Einsamkeit und Traurigkeit, da wir unsere Familien und Freunde für unbestimmte Zeit nicht sehen dürfen. Aber vielleicht schätzen wir genau in solchen Zeiten einander viel mehr, sehen unsere Lieben nicht mehr als selbstverständlich an. Und so wie meine Mama einst sagte: „wenn man jemanden liebt, trägt man ihn immer bei sich im Herzen, dazu muss man einander nicht zwingend sehen.“ … Ach Mama, du hast es wirklich immer auf den Punkt gebracht!
- … werden viele unserer Pläne mit einem Schlag über den Haufen geworfen. Aber vielleicht lassen wir uns einfach mal wieder treiben, lernen im Hier und Jetzt zu leben und erkennen, dass das Leben nun mal nicht immer planbar ist.
- … erleben viele durch die Pandemie eine Schockstarre; hätte man doch niemals damit gerechnet, dass „uns“ so etwas Schreckliches widerfahren könnte. Aber vielleicht lehrt es uns Dankbarkeit und Demut für all das, was wir haben, statt immer nur darüber zu sinnieren, was wir nicht haben.
- … werden wir mit unserer eigenen Sterblichkeit und Endlichkeit konfrontiert. Aber vielleicht erkennen wir, dass niemand unbesiegbar und unsterblich ist. Jeder Tag ist ein Geschenk und sollte so gelebt werden, als wäre es der letzte. Also nutzt die Chance und gestaltet euer Leben so, wie es euch möglichst glücklich macht und lernt, im Regen zu tanzen!
- … steht uns wirklich die größte Krise seit dem zweiten Weltkrieg bevor. Aber vielleicht oder ganz bestimmt muss es einen lauten Knall machen, damit sich langfristig gravierend etwas ändert. Denn wie wir bereits in kurzer Zeit bemerkt haben – wo ein Wille, da ein Weg. Aber vielleicht bleiben es auch nur Gedanken und sobald die Krise überwunden ist, laufen die Hamsterräder wieder auf Hochtouren … wäre schade!
Ich bemühe mich jedenfalls guter Dinge zu sein, denn alles im Leben hat immer zwei Seiten. Wir werden sehen, was die Zeit bringt. Und wie kürzlich eine gute Bekannte sagte: „das Leben versteht man sowieso immer nur rückwärts betrachtet“.